Kunststoff / Produktentwicklung / Produktion

18. Juni 2012

Neues Compound

Haferspelzen für bessere Verschleißeigenschaften von Kunststoffen Bei diesen Tests zeigte sich nicht nur am Bauteil aus dem mit Haferspelzen versetzten Kunststoff geringer Verschleiß, sondern auch an den Reibpartnern aus Kunststoff oder Stahl (Foto: Uwe Meinhold).

Haferspelzen für bessere Verschleißeigenschaften von Kunststoffen

18.06.2012 / Die Technische Universität (TU) Chemnitz hat gemeinsam mit drei regionalen Unternehmen ein Kunststoff-Compound entwickelt, das zu 60 Prozent aus dem nachwachsenden Rohstoff Hafer­spelzen besteht. „Die Haferspelzen sind ein Abfallprodukt, die weder als Nahrungsmittel noch als Tierfutter verwendet werden", sagt Prof. Dr. Klaus Nendel, Inhaber der Professur Fördertechnik an der TU Chemnitz. Deutliche Vorteile des neuen Materials zeigen sich bei Reibung und Verschleiß.

Hohe Hitzebeständigkeit

Haferspelzen umgeben die Blüten des Korns und werden bereits vor dem Quetschen der Körner in der Verarbeitung ausgesondert. Sie fallen deshalb in größeren Mengen als Nebenprodukt in Hafermühlen an. Im Gegensatz zu vielen anderen nachwachsenden Rohstoffen ist dieses Material sehr hitzebeständig und übersteht Temperaturen bis zu 220 Grad Celsius.

Matrixmaterial PE

Untersucht haben die Wissenschaftler verschiedene Kunststoffarten, unterschiedliche Körnungen der Haferspelzen, die Mischungsverhältnisse und Kennwerte für Reibung und Verschleiß sowie die mechanischen Eigenschaften. Als optimal stellte sich eine Mischung des Kunststoffes Polyethylen (PE) mit 60 Prozent Haferspelzen heraus.

Vorteile

Deutliche Vorteile des neuen Materials zeigten sich bei Reibung und Verschleiß. Dabei tritt nicht nur am Bauteil aus dem mit Haferspelzen versetzten Kunststoff weniger Verschleiß auf, sondern auch an den Reibpartnern aus Kunststoff oder Stahl. Da Haferspelzen als Rohstoff weniger kosten als Kunststoff, werden auch die fertigen Bauteile preiswerter sein. "Eine Kostenersparnis von rund 30 Prozent ist realistisch", so Nendel. Zudem ergeben sich Vorteile für die Umwelt: Zum einen wird Kunststoff und damit Erdöl eingespart. Zum anderen sinkt mit der Reibung auch der Energieverbrauch im Betrieb von technischen Systemen. Gleichzeitig müssen die Bauteile durch den verminderten Verschleiß seltener erneuert werden.

Nachteile

Nachteile zeigen sich beim derzeitigen Stand der Forschung noch bei den mechanischen Eigenschaften. Die Haferspelzen stellen keine Faserverstärkung im klassischen Sinne dar. Auch bei starken Schwankungen der Luftfeuchtigkeit ist der Werkstoff nicht geeignet, da die Haferspelzen aufquellen können. "Werden die ermittelten Grenzen beachtet, lässt sich jedoch aus den Vorteilen ein deutlicher technischer Mehrwert generieren", sagt Nendel.

Einsatzort Fördertechnik

Einsatzmöglichkeiten für das Compound bieten sich deshalb vor allem dort, wo tribologische Problemstellungen ein Einsparungspotenzial für Energie darstellen, also auch in der Fördertechnik. "Die aktuell in der Praxis verwendeten Kunststoffgleitleisten weisen ein großes Verbesserungspotenzial hinsichtlich Reibung und Verschleiß auf", so Nendel. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler daran, statt kleiner Probekörper große Halbzeuge herzustellen. Dafür müssen sie die Fertigung vom Spritzguss auf Extrusion umstellen. Klappt dieser Sprung, kann auch eine effiziente Serienfertigung bzw. eine Markteinführung des neuartigen Werkstoffes gelingen. "Erste Unternehmen haben bereits Interesse signalisiert", sagt Nendel.

Weitere Informationen

Technische Universität Chemnitz


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